Dienstag, 20. August 2013

Es ist so eine Sache mit der Hitze

Ende Juli 2013, statt im Schwimmbad einen auf lau zu machen, hatte ich kurzerhand beschlossen, ein Aktfotoshooting im heimischen Wald durchzuführen .... mit dem Kollodium Nassplattenverfahren, versteht sich. Was das bedeutet, mit 45kg Grossformat-Fotoausrüstung in den Wald zu ziehen, hatte ich Wochen vorher ja schon ausgetestet. Diesmal hatte ich das grosse Glück, dass ich mit dem Auto bis unmittelbar an die Location heranfahren konnte, was mir einen Haufen Schlepperei ersparte.

Um 12 Uhr mittags waren wir dann soweit, das Dunkelkammerzelt und die Kamera waren aufgebaut und das Model bereit. Leider hatte sich inzwischen auch bis in den Wald hinein herumgesprochen, dass für diesen Tag  35°C vorausgesagt waren. Für das nun splitternackt dastehende Model war das ja eine feine Sache, für mich als rastloser umherirrender Fotograf weniger gut, für den temperatursensiblen Kollodium-Nassplattenprozess schlichtweg katastrophal. Zumindest, wenn man, wie ich bis dato, alle guten Ratschläge zum Arbeiten bei warmen Temperaturen ignoriert und meint, es wird schon irgendwie klappen. Die Quittung folgte auf den Fuss, das erste Bild des Tages war eine bis zur Unkenntlichkeit vernebelte Glasplatte.

Zur Erklärung: Normalerweise sollte man dem Entwickler bei Temperaturen über 22 Grad einen sogenannten „Restrainer“ hinzugeben, Zucker tut da gute Dienste...oder etwas mehr Essigsäureanteil...oder notfalls einfach nur etwas mit dest. Wasser verdünnen.

Ich hatte natürlich keine Essigsäure und keinen Zucker mit in den Wald genommen, also blieb nur Wasserzugabe als Notmassnahme übrig. Gesagt, getan, auf der zweiten Platte war nun zumindest schon einmal das Model vage zu erkennen, von einem guten Ergebnis mit klaren schwarzen Schatten war ich weit entfernt. Um den Tag noch zu retten, entschloss ich mich zu einer drastischen Massnahme. Starke Überbelichtung bei gleichzeitiger starker Unterentwicklung, damit hätte der Entwickler weniger Zeit, das Bild zu vernebeln. Und es funktionierte tatsächlich...einigermaßen zumindest, zur Beseitigung des Restnebels musste Photoshop als Rezept herhalten. Zufrieden war ich mit dem Ergebnis nicht. Eine Kollodiumfotografie, die per Photoshop nachbearbeitet werden muss, damit sie meinen Ansprüchen genügt, ist in meinen Augen keine technisch gelungene Fotografie. Aber so konnten wir an diesem Tag wenigstens 3 halbwegs brauchbare Bilder mit nach Hause nehmen.


Da es auch die Wochen darauf noch brütend heiss war und ich meinen verbliebenen Resturlaub für die Kollodiumfotografie nutzen wollte, machte ich mich daran, das Thema „Fogging“ anzugehen. Borut Peterlin, weltbester Fotograf, http://www.borutpeterlin.com/ empfahl bei Temperaturen über 30°C, die Verweildauer der beschichteten Glasplatte im Silberbad auf 2 Minuten zu verkürzen, den Entwickler zu verdünnen und ihm etwas Salpetersäure hinzuzugeben. Mit Salpetersäure hatte ich zur Bildaufhellung schon ein Jahr vorher herumexperimentiert und dabei schlechte Erfahrungen mit aufkommendem Fogging gemacht. Mit dem wasserverdünnten Entwickler hatte ich bei unserem Waldshooting gearbeitet und war nicht 100% zufrieden mit dem Ergebnis. 

Ich versuchte nun, zusätzlich zum verkürzten Silberbad, noch etwas ganz Anderes: Eine Entwickler-Sommermischung mit reduziertem Eisen(II)sulfat Anteil. Ein Test bei 29°C brachte sofort das gewünschte Ergebnis, die Kontrollplatte mit Standardentwickler wurde total vernebelt, die Platte mit verkürzter Zeit im Silberbad und Entwicklung mit dem Sommerentwickler resultierte in einer sauberen Kollodium-Nassplatte mit klaren schwarzen Schatten. 

Nun stand dem geplanten "heissen" Mittsommershooting nichts mehr im Wege, das Ergebnis ist ein Bild, mit dem ich zu 100% zufrieden bin!


Standard-Entwickler:
400ml dest Wasser, 
23g Eisen(II)sulfat, 
23ml Essigsäure, 
22ml Alkohol

Sommer-Entwickler:
400ml dest Wasser, 
16g Eisen(II)sulfat, 
23 ml Essigsäure, 
22 ml Alkohol



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