Ende Juli 2013, statt im Schwimmbad einen auf lau zu machen,
hatte ich kurzerhand beschlossen, ein Aktfotoshooting im heimischen Wald
durchzuführen .... mit dem Kollodium Nassplattenverfahren, versteht sich. Was
das bedeutet, mit 45kg Grossformat-Fotoausrüstung in den Wald zu ziehen, hatte
ich Wochen vorher ja schon ausgetestet. Diesmal hatte ich das grosse Glück, dass
ich mit dem Auto bis unmittelbar an die Location heranfahren konnte, was mir einen
Haufen Schlepperei ersparte.
Um 12 Uhr mittags waren wir dann soweit, das
Dunkelkammerzelt und die Kamera waren aufgebaut und das Model bereit. Leider
hatte sich inzwischen auch bis in den Wald hinein herumgesprochen, dass für
diesen Tag 35°C vorausgesagt waren. Für
das nun splitternackt dastehende Model war das ja eine feine Sache, für mich
als rastloser umherirrender Fotograf weniger gut, für den temperatursensiblen
Kollodium-Nassplattenprozess schlichtweg katastrophal. Zumindest, wenn man, wie
ich bis dato, alle guten Ratschläge zum Arbeiten bei warmen Temperaturen
ignoriert und meint, es wird schon irgendwie klappen. Die Quittung folgte auf
den Fuss, das erste Bild des Tages war eine bis zur Unkenntlichkeit vernebelte
Glasplatte.
Zur Erklärung: Normalerweise sollte man dem Entwickler bei
Temperaturen über 22 Grad einen sogenannten „Restrainer“ hinzugeben, Zucker tut
da gute Dienste...oder etwas mehr Essigsäureanteil...oder notfalls einfach nur
etwas mit dest. Wasser verdünnen.
Ich hatte natürlich keine Essigsäure und keinen Zucker mit
in den Wald genommen, also blieb nur Wasserzugabe als Notmassnahme übrig. Gesagt,
getan, auf der zweiten Platte war nun zumindest schon einmal das Model vage zu
erkennen, von einem guten Ergebnis mit klaren schwarzen Schatten war ich weit
entfernt. Um den Tag noch zu retten, entschloss ich mich zu einer drastischen
Massnahme. Starke Überbelichtung bei gleichzeitiger starker Unterentwicklung,
damit hätte der Entwickler weniger Zeit, das Bild zu vernebeln. Und es
funktionierte tatsächlich...einigermaßen zumindest, zur Beseitigung des Restnebels musste Photoshop als Rezept herhalten. Zufrieden war ich mit dem Ergebnis nicht. Eine Kollodiumfotografie, die per Photoshop nachbearbeitet werden muss, damit sie meinen Ansprüchen genügt, ist in meinen Augen keine technisch gelungene Fotografie. Aber so konnten wir an diesem Tag wenigstens 3 halbwegs brauchbare Bilder mit nach Hause nehmen.
Da es auch die Wochen darauf noch brütend heiss war und ich
meinen verbliebenen Resturlaub für die Kollodiumfotografie nutzen wollte,
machte ich mich daran, das Thema „Fogging“ anzugehen. Borut Peterlin, weltbester
Fotograf, http://www.borutpeterlin.com/
empfahl bei Temperaturen über 30°C, die Verweildauer der beschichteten
Glasplatte im Silberbad auf 2 Minuten zu verkürzen, den Entwickler zu verdünnen
und ihm etwas Salpetersäure hinzuzugeben. Mit Salpetersäure hatte ich zur
Bildaufhellung schon ein Jahr vorher herumexperimentiert und dabei schlechte Erfahrungen
mit aufkommendem Fogging gemacht. Mit dem wasserverdünnten Entwickler hatte ich bei unserem Waldshooting gearbeitet und war nicht 100% zufrieden mit dem Ergebnis.
Ich versuchte nun, zusätzlich zum verkürzten Silberbad, noch etwas ganz Anderes: Eine
Entwickler-Sommermischung mit reduziertem Eisen(II)sulfat Anteil. Ein Test bei 29°C brachte sofort das
gewünschte Ergebnis, die Kontrollplatte mit Standardentwickler wurde total
vernebelt, die Platte mit verkürzter Zeit im Silberbad und Entwicklung mit dem
Sommerentwickler resultierte in einer sauberen Kollodium-Nassplatte mit klaren
schwarzen Schatten.
Nun stand dem geplanten "heissen" Mittsommershooting nichts mehr im Wege, das Ergebnis ist ein Bild, mit dem ich zu 100% zufrieden bin!
Standard-Entwickler:
400ml dest Wasser,
23g Eisen(II)sulfat,
23ml Essigsäure,
22ml Alkohol
Sommer-Entwickler:
400ml dest Wasser,
16g Eisen(II)sulfat,
23 ml Essigsäure,
22 ml Alkohol
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