Mittwoch, 22. Januar 2014

Alles Bio .... oder was?

"Reh´s New Generation", ein Cadmium-freies Kollodium


Leona, © Andreas Reh 2013, 18x24cm auf Glas
Fünfzehn Monate, so lange ist es nun schon her, seit ich mit der Kollodium-Nassplattenfotografie angefangen habe. Hinter mir liegt eine Zeit voller Experimente, Fehlschläge, Testreihen, Leiden und Freude!

Hat es sich gelohnt? Was habe ich erreicht? Wie geht es weiter? Zuerst einmal zu den Ergebnissen, es sind meine 3 Favoritenbilder, meiner Meinung nach die Besten, die ich bisher auf Glas vollbracht habe. Was man nicht sieht, ist der Aufwand dahinter, der betrieben werden musste, um zu diesen Silberbildern auf Glas zu gelangen. Als Kollodium-Nassplattenfotograf ist man immer auch ein kleiner Logistiker, Bastler und Chemiker...oder besser noch ein Alchemist. Es fängt mit der Fotoausrüstung an und hört mit den benötigten Chemikalien auf. Das letzte Jahr war in meinem Fall geprägt von der ständigen und nervigen Suche nach Lieferanten für die benötigten Dinge.


Lost in time, © Andreas Reh 2013
Kamera-Equipment aus den USA, Silbernitrat aus England, Kollodium aus Polen oder Glasplatten aus Tschechien. Genötigt durch deutsche Mondpreise oder deutsche Sicherheitsbestimmungen treibt es den gemeinen deutschen Kollodionisten zum Einkauf ins Ausland. Kurzum, es nervt einfach nur und es ist schwer, unter solchen Bedingungen gleichbleibende Arbeitsbedingungen und Qualität zu schaffen. Aber man muss sich arrangieren und ich für meinen Teil kann nun nach 15 Monaten endlich sagen, es ist alles gut, die Lieferantenquellen sind erschlossen und gesichert und die Ergebnisse reproduzierbar.
Perception, © Andreas Reh 2013

Neben diesen materiellen Dingen gibt es aber noch eine Sache, die mir das Leben schwer machte, mein Gewissen. Die Arbeit mit der Nassplattenfotografie erfordert den Umgang mit mehr oder weniger giftigen Chemikalien. Da wir hier in Deutschland glücklicherweise ein Bewusstsein dafür entwickelt haben, was gut für uns und die Umwelt ist und was man besser bleiben lässt, macht man sich so seine Gedanken, wenn auf den benötigten Chemikalien in Flaschen und Dosen Warnzeichen kleben, die einen nahen qualvollen Tod prognostizieren oder tote Fische auf der Wasseroberfläche skizzieren. Von Natur aus bin ich ängstlich und umweltbewusst und ich möchte mit meiner Arbeit, der Kollodium- Nassplattenfotografie Niemandem Schaden zufügen...Punkt! Also habe ich mir von Anfang an auch zum Ziel gesetzt, den Prozess nach Umwelt und Gesundheitskriterien zu modernisieren und zu optimieren.

Zum einen gibt uns das perfekte deutsche Problem-Müll und Sonderabfall-Sammelsystem die Möglichkeit, alles Problematische einer geregelten Entsorgung zuzuführen. Besser noch ist es natürlich, problematische Abfälle erst gar nicht entstehen zu lassen. Aber was ist bei unserem Nassplatten-Prozess überhaupt problematisch?

Es gibt einige Chemikalien, die ich von vorne herein nicht verwenden wollte, weil sie einfach zu giftig sind und man ausserdem problemlos auf sie verzichten kann. Allen voran ist das der Fixierer Kaliumcyanid. Meiner Meinung nach gibt es absolut keine Rechtfertigung und keinen vernünftigen Grund, diese Supergift als Fixierer zu verwenden und damit das Leben von sich und Anderen zu gefährden und noch dazu die die Umwelt zu belasten! Ich habe auf Veranstaltungen Kinder gesehen, die aus Versehen ihre Hände in eine Pfütze aus Zyankalilösung gelegt haben, so etwas brauche ich nicht und es ist von den betreffenden Kollegen einfach verantwortunglos, so eine kritische Situation überhaupt erst entstehen zu lassen. Befürworter argumentieren mit einem verbesserten Tonwerte/Kontrastverhältnis und einer schnellen, rückstandsfreien Fixierung mit kurzer Wässerungszeit. Das mag ja alles richtig sein, aber um es noch einmal zu sagen: Der Bequemlichkeit und dem letzten Quäntchen Kontrast willen ein solches Risiko einzugehen ist schlicht und einfach unüberlegt und verantwortungslos! Natriumthiosulfat funktioniert als Fixierer zufriedenstellend und ist völlig unproblematisch! Das heisst aber nicht, dass man verbrauchten Fixierer einfach in den Abfluss kippen kann, denn er ist hochgradig mit Silber angereichert, welches auf Wasserorganismen toxisch wirkt und recycelt werden sollte. Also bitte den verbrauchten Fixierer sammeln und zur Schadstoffverwertung geben!

Zum Zweiten wäre da das Cadmiumiodid, krebserregend und sehr giftig T+, gerne genommen als Iodid-Bestandteil im Kollodium. Dafür gibt es Alternativen, Ammoniumiodid oder Kaliumiodid sind unproblematisch und funktionieren auch.

Nun kommen wir zu den Stoffen, die nur schwer zu ersetzen sind:

  1. Silbernitrat: Es ist gar nicht gut, wenn es ins Abwasser oder in die Umwelt gelangt. Aber es ist im Prozess als Schlüsselbestandteil unverzichtbar und zum Glück sehr lange Zeit wiederverwendbar. Beim Entwicklungsprozess wird immer etwas davon von der Platte geschwemmt und landet zusammen mit dem Entwickler in der Auffangschale. Diese wenige Milliliter „Abwasser“ pro Platte sammele ich als Sonderabfall zur Entsorgung, es gehört nicht ins Abwasser.
  2. Kollodium und Ether: Das Kollodium und vor allem dessen Bestandteil Diethylether ist extrem flüchtig, leicht brennbar und in der Lage, explosionsfähige Mischungen und Peroxide zu bilden. Kollodium oder Ether ist nicht giftig, erfordert aber im Umgang einige Vorsichtsmassnahmen. Ether ist als Lösungsmittel im Prozess unverzichtbar, es gibt zwar Kollodiummischungen wie die „Poe Boy Mischung“, die ohne zusätzlichen Ether auskommen, aber mit dem Nachteil, dass sie mechanisch sehr fragil sind. Da besonders die Lagerung von Ether kritisch ist, verzichten viele Wetplater darauf. Ich habe mich für die Verwendung von Ether entschieden, weil man die Lagerprobleme beherrschen kann. Ether, maximal 12 Monate dunkel und kühl in einer 50% Mischung mit Ethanol luftdicht und explosionsgeschützt gelagert ist kein Sicherheitsrisiko. 
  3. Cadmiumbromid (CdBr2): Ist wie Cadmiumiodid erwiesenermaßen krebserregend, sehr giftig (T+) und wird dauerhaft im Körper angereichert. Ich habe die letzten 5 Monate damit verbracht, Kollodiummischungen zu testen, die ohne Cadmiumbromid auskommen. Das Problem dabei: Die Cadmiumbestandteile wirken im Kollodium stabilisierend, verlangsamen signifikant die vorzeitige Alterung der Lösung und sorgen für gute mechanische Eigenschaften des Kollodiumfilmes. Auf der Suche nach Alternativen bin ich auf Zinkbromid (ZnBr2) und Lithiumbromid (LiBr) gestossen, beides Stoffe, die in Bezug auf Umweltverträglichkeit und Giftigkeit unproblematisch in der Beschaffung und Verwendung sind. Ein Langzeit-Vergleichstest zeigte mir Stärken und Schwächen dieser Bromide. Zinkbromid ist leider aufgrund seines instabilen Verhaltens innerhalb einer Woche aus dem Testfeld gefallen. 

Mit freundlicher Unterstützung von Herrn Dr. Commerscheidt aus der Analytischen Chemie der Justus-Liebig-Universität und Frau Dipl. chem. A.Chebotarova habe ich nun nach langer Suche eine cadmiumfreie alternative Kollodiummischung gefunden, die allen meinen Anforderungen gerecht wird! Das Lithiumbromid ist der klare Sieger im Testfeld.

Diese Mischung ist im Vergleich zu meinem herkömmlichen Cadmiumbromid-Kollodium im frischen Zusatnd um 40%* lichtempfindlicher! 

Die nachfolgenden Mischungsverhältnisse basieren auf der Mischung mit 6,7% Fluka-Kollodium, bei der Verwendung anderer Kollodiumsorten muss der Alkoholanteil entsprechend angeglichen werden!

 “Reh´s New Generation” Collodion 


100ml Fluka Collodion 
65 ml Diethylether 

0.89g Lithiumbromide Anhydrous ~99% (LiBr) 
1.9g Ammoniumiodide (NH4I) 
120ml grain alcohol 190-proof (96,6% Trinkalkohol) 

1,25g Pottasiumiodide (KI , Kaliumiodid) 
3ml aqua dest. (dest. Wasser) 

(use at your own risk, no long-term experience for more than 3 months available)

International wetplater: For other sorts of collodion like USP or Merck, you need to change the ratio of alcohol / ether/ iodizer. Pavel Smialek made a great tool for recalculate the collodion formula for different sorts of collodion. This charge of Fluka collodion contains 6.7% nitrocellulose, 22,3 % of alcohol and 70% Ether. 

http://ambrotypy.blogspot.de/p/kalkulator.html


Das Kollodium reift innerhalb von 2 Tagen und benötigt etwa 2-10 Tage, um vollständig zu klären, es kann aber problemlos und ohne Einschränkungen im trüben Zustand schon nach 2 Tagen verwendet werden. Die Mischung ist kühl gelagert ca. 3 Monate haltbar. Die mechanischen Eigenschaften liegen zwischen der fragilen „Poe-Boy“ Mischung und dem stabilen Cadmiumhaltigen „Quinn´s Quick Clearing“ Kollodium. Die Haftung auf Glas ist gut, der Kollodiumfilm ist beim Lackieren mit Sandarak stabil. Der Farbton entspricht einem kühlen Beige. Der Tonwerteumfang unter Studiobedingungen und mit Blitzlicht und im Freien mit natürlichem Tageslicht ist grossartig.

Made with Reh´s New Generation collodion, © Andreas Reh 2013

Ein weiteres Beispiel für die Leistungsfähigkeit des Kollodiums: Feen mit nahezu weisser Haut auf schwarzem Stoff, der Kontrastumfang ist atemberaubend. Das Kollodium akkumuliert zudem derart viel Silber, dass ich den Entwickler radikal verlangsamen musste und die Zeit im Silberbad auf 2.20 min verkürzte. 12 Sekunden Entwicklungszeit bei +13°C Raumtemperatur!

Heartbreakers, © Andreas Reh 2013

Fotograf Peter Kunz hat über das gleiche Thema recherchiert und zitiert auf seinem Blog einen Auszug aus Eders Handbuch der Fotografie (S. 215, Band 2, Halle, 1897)

"Der hohe Preis der Lithiumsalze und die verhältnismäßig geringe Haltbarkeit derselben ist die Veranlassung, dass dieselben nur in sehr geringem Maße verwendet werden."

Was die schlechte Halbarkeit von Lithiumbromid und Lithiumiodid abgeht, so ist vor allem Lithiumiodid betroffen. es ist stark hygroskopisch und zerfällt schnell zu Lithiumhydrat und Jod. Lithiumbromid ist haltbarer, aber auch sehr stark hygroskopisch. Ich empfehle deshalb die Lagerung dunkel in kleinen luftdichten Portionsdosen zusammen mit Silicagel in einem grösseren Behälter, denn ohne Feuchtigkeit gibt es keine Hydratbildung und das Problem besteht nicht mehr.

Nachtrag: Die Benutzung des Kollodiumrezepte geschieht auf eigene Gefahr und Verantwortung. Der Autor haftet nicht für Schäden, die durch das Rezept entstanden sind. Es hat sich inzwischen herausgestellt, dass das Lithium-Kollodium nicht ganz unproblematisch bei der Verwendung unter eingeschränkten Lichtverhältnissen  reagiert. Schlechte Aufnahmebedingungen führen schnell zu dunklen / flauen Bildergebnissen, deutlicher als dies bei vergleichbaren Cadmium-Kollodium passiert. Für Einsteiger kann ich es deshalb nur bedingt empfehlen.

Andreas Reh, Portfolio ND-Magazine



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Montag, 20. Januar 2014

Eine Kollodium-Nassplattenkamera für wenig Geld?

Sie müssen nicht immer gross, teuer und schön sein, die Kameras zur Kollodium-Nassplattenfotografie! Neulich auf dem Flohmarkt sprach mich eine sehr gut erhaltene 9x12cm Plattenkamera aus den 1920ern an. 40 Euro sollte sie kosten, ein marktüblicher Durchschnitt für diese Sorte Kamera. Sie wurden seinerzeit vorwiegend in Dresden für verschiedene Formate (6x9cm, 9x12cm und 10x15cm) als Massenware von ICA, Welta, Voightländer und Anderen produziert, meist ausgestattet mit Anastigmat/ Tessar-Objektiven mit einer Lichtstärke um Blende 4.5 und einem Compur Zentralverschluss. Das von mir erstandene No-Name Exemplar ist mit einem (Julius) Laack Rathenau f 135mm/4.5 Pololyt Anastigmat Objektiv ausgestattet, der Verschluss geht von 1s bis 1/200stel Sekunde. Die Empfindlichkeit einer Kollodium Nassplatte entspricht ungefähr 0.5 ISO, ich werde also vorwiegend die langen Zeiten nutzen. An sonnigen Tagen ist bei Blende 4.5 eine halbe bis eine Sekunde Belichtungszeit ein guter Richtwert, um zu starten. Besser ist es, einen Belichtungsmesser zu nutzen, fantastisch geeignet für die Kollodiumfotografie ist der Gossen Lunasix F, auf seine Anzeige konnte ich mich bisher blind verlassen! 

Zurück zur Kamera, diese wurde damals natürlich nicht eigens für die Nassplattenfotografie konstruiert. Um sie für den Einsatz mit Nassplatte fit zu machen, sind zwei Anpassungen nötig: Wir brauchen eine passende Aufnahme für die Nassplatten und der Fokus der Kamera muss neu justiert werden.

 Die zur Kamera passenden Filmhalter sind zu flach für die Aufnahme von Glas oder Blechplatten. Die ebenfalls damals üblichen Filmmagazine kann man zwar entsprechend umbauen und lichtdicht abdichten, jedoch sind sie aus Eisen- oder Aluminiumblech und das führt in Verbindung mit unseren Silbernitratgetränkten Nassplatten zu massiver Korrosion und infolge dessen zu sehr unsauberen Bildern, weil die Oxidationsrückstände zwangsläufig die Nassplatten kontaminieren.

 Es ist deshalb viel einfacher, einen Radikalschnitt zu machen, indem man die Kamera mit einer Aufnahme für einen Standard-Filmhalter ausstattet, weil man diese wiederum sehr einfach zur Aufnahme von Glasplatten umrüsten kann.


Da meine Kamera nur einen geringen materiellen oder historischen Wert besitzt, ist ein Radikalumbau zu rechtfertigen. Gut ist es, wenn das Kameragehäuse, wie in meinem Fall, aus Holz ist. Dann fällt es leichter, Umbauten vorzunehmen. Ich hatte zudem das Glück, dass die Kamera exakt die gleiche Breite besitzt, wie ein Standard 4x5“ Filmhalter aus Kunststoff. Ich habe kurzerhand das Rückteil der Kamera einfach abgesägt, die Schnittstellen an der Kamerarückseite mit einem Edding wieder geschwärzt, einen Standard 4x5“ Filmhalter aufgelegt und mit 2x2cm Messing L-Winkel eine passende Aufnahme zum Einschieben des Halters angefertigt. Das geht natürlich auch viel einfacher mit den im Baumarkt erhältlichen schwarzen Eck-Kunststoffprofilen, ist dann aber weniger „edel“. Um den Einschub lichtdicht zu machen habe ich vor dem Anschrauben zwischen den Profilen und dem Kameragehäuse schwarzes Silikon aufgebracht und eine flache Nut zum Einkleben von schwarzem Samt als Lichtfalle an der Öffnung des Kassettenfaches an der Kamerarückseite eingearbeitet.

Nachdem das vollbracht war, konnte ich einen Filmhalter passend für die Aufnahme von Nassplatten umrüsten. In meinem Fall ergab der Umbau ein Plattenformat von 88x116mm...mehr ist aus einem Standard 4x5“ Filmhalter auch nicht herauszuholen. Geeignet für einen solchen Umbau sind Filmhalter mit Aluminium-Mittelblech wie z.B. die „Lisco Regal“ Halter oder die „Fidelity Elite“ Serie. Eine gute Anleitung zum Umbau eines Filmhalters zur Aufnahme von Kollodium-Nassplatten gibt hierzu der Artikel meines Kollegen Alex Timmermanns:

 http://collodion-art.blogspot.de/2010/10/normal-film-holder-for-wet-plate.html 

Nun passte der originale Mattscheibenhalter der Kamera natürlich nicht mehr in den modifizierten Filmhalter-Einschub. Kein Problem dachte ich mir, einfach eine Mattscheibe in einem weiteren umgebauten Standard 4x5“ Filmhalter befestigt und alles ist gut?!? Denkste, hier kommt eine kleine fiese Unbekannte ins Spiel mit der ich so nicht gerechnet hatte. Die sogenannte „chemische Fokusdifferenz“ machte mir hier das Leben schwer. WTF? Chemischer Fokus, was zum Teufel ist das, werden sich nun Einige fragen.


Zur Erklärung: Das Kollodium Nassplattenverfahren ist ein fotografisches Verfahren, bei dem der kurzwellige UV-Anteil des Lichtes belichtungswirksam ist (320-500nm), auf unserer Mattscheibe jedoch sehen wir nur den sichtbaren Anteil des Lichtes (440 bis 700nm). Wir sehen also einen anderen Wellenlängenbereich, als die zu belichtende Nassplatte. Die Linsen in den Objektiven haben jedoch leider die Eigenschaft, unterschiedliche Wellenlängen auch unterschiedlich stark zu brechen. Für die filmbasierende Fotografie spielte das kaum eine Rolle, der Film sieht das, was wir auch auf der Mattscheibe sehen, nur bei Infrarotfilmen kannte man schon immer das Problem. Benutzte man die normale Entfernungsskala für Infrarotfilme, dann wurden die Bilder unscharf, weil die langen IR-Wellenlängen im Glas des Objektives weniger stark gebrochen wurden und der reale Fokuspunkt zu weit hinter dem Film lag.

Bei unserem Kollodiumverfahren ist das nun genau umgekehrt, der Fokuspunkt liegt deutlich vor der Filmebene, im Falle meines 135mm Laack-Objektives ganze 4 mm! Das ist für so eine kleine Kamera eine ganze Menge und hat mich wirklich überrascht! Aber es ist nichts Ungewöhnliches und auch kein Beinbruch. Die richtige Mattscheibenebene musste bei meiner Kamera also genau in Höhe der Auflage des Filmhalters angebracht werden. Gesagt, getan, ein kleiner Holzrahmen um die Mattscheibe drumherumgebaut und fertig war der Mattscheibenhalter zum Einschieben in die Kamera.

 Leider gibt es für die Anpassung der Mattscheibe an das Kollodiumverfahren keine Faustregel, da alle Objektive unterschiedlich starke Brechungsdifferenzen aufweisen. Man muss für jede Kamera durch Belichtungsversuche selber herausfinden, wo der entsprechende „echte“ Fokuspunkt für die Arbeit mit Kollodium-Nassplatten sitzt. Ich hatte dafür einen halben Tag herumexperimentiert und selbst nach erfolgter Anpassung musste ich feststellen, wenn ich mit der Mattscheibe auf Unendlich fokussiere ist das Bild wiederum unscharf. Es stellte aber kein schwerwiegendes Problem dar, die Kamera besitzt zusätzlich eine Entfernungsskala am Balgen und nach einigen Testaufnahmen hatte ich diese Skala versetzt und neu auf das Kollodiumverfahren geeicht. Für Portraitaufnahmen bei Offenblende im Nahbereich benutze ich nun die Mattscheibe zum Scharfstellen, für Landschaftsaufnahmen bei geschlossener Blende reicht die Entfernungsskala aus.


 Die Gesamtkosten der Kamera belaufen sich auf 55 Euro, der Zeitaufwand betrug ca. 10 Stunden inkl. der Testaufnahmen (etwas handwerkliches Geschick vorausgesetzt). Mit dem Umbau ist die kleine Kamera nun eine vollwertige und unkomplizierte Wetplate-Kamera, geradezu ideal für den mobilen Einsatz mit einer kleinen Dunkelkammerbox und tragbarer Minimalausrüstung „on Location“. Ich werde sie vorwiegend für Outdoor Portraits und Landschaftsaufnahmen nutzen.


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