Dienstag, 19. Januar 2016

Neue Wege...


"Entanglements"
Kollodium-Nassplatte auf Klarglass, 18x24cm
Es ist einige Zeit vergangen seit meinem letzten Post, meine vergangen Artikel drehten sich meist um die technische Seite der Kollodiumfotografie, diesmal geht es mehr um meine eigenen Stimmungen und Emotionen. Ein neues Jahr hat begonnen und wie das so um den Jahreswechsel herum ist, man macht sich Gedanken, schaut zurück und plant für die Zukunft. Nach drei Jahren Kollodiumfotografie habe ich mir einmal mehr die Frage gestellt, warum mache ich dass überhaupt, warum investiere ich so viel Zeit und Geld, um am Ende eines ganztägigen Fotoshootings drei schmutzige Glasplatten in Händen zu halten. Platten,  die mir im Nachhinein den Schrank voll stellen und die zu allem Übel die Frage aufwerfen, was mache ich jetzt damit?

Zum Verständnis vorab die Info, ich fotografiere in meiner Freizeit, nicht gewerblich und ich verdiene kein Geld mit der Fotografie. Es ist ein reines Hobby und Hobbies kosten Geld und machen Spass. Ist dies also die Erklärung, warum ich dass tue, des Selbstzweckes wegen, als Zeitvertreib? Ich fürchte, ganz so einfach ist es nicht!

"In between heaven and hell"
Kollodium-Nassplatte auf Klarglass, 18x24cm
Erinnern wir uns, warum ich 2012 mit dieser Art Fotografie angefangen habe. Es war zum Einen der augenscheinlich Look, der mich magisch faszinierte, gepaart mit der handwerklichen Ausführung in Verbindung mit historischen Apparaten und Rezepten. Hinzu kamen dann die konsequente Konzentration auf den Akt des Bildermachens, der Langsamkeit in der Ausführung und der Tatsache, das die resultierenden Aufnahmen physikalische Unikate zum Anfassen darstellen, kein temporäres und schnell wieder vergessenes Bit-Gefüge auf archivierten Festplatten. Und dafür war mir kein Aufwand zuviel und keine Investition zu gross. Es sind sicher nachvollziehbare Gründe. Aber wie dass nun einmal so ist, wenn man etwas Jahrelang macht, sich Routine einstellt und man nicht mehr täglich mit chemischen und technischen Herausforderungen und Überraschungen konfrontiert wird, es wird irgendwie weniger faszinierend, es wird langweilig. Zu dieser Erkenntnis gesellte sich eine trübe November-Jahres-end-Stimmung und Zorn über undankbare Modelle und verständnislose Mitmenschen. Ich war drauf und dran die Sache hinzuwerfen, einige wenige Freunde machten mir aber Mut und standen mit Rat und Tat zur Seite. Besonders die Aussage einer Facebook-Freundin, dass ich mir die negative Energie zunutzte machen sollte, um mich weiterzuentwickeln, gab mir zu denken.


Nun, ich hatte also meinen  Kopf voll trüber Gedanken, ich war gefangen in einem Netz aus Selbstzweifel und einer guten Portion Zorn auf die Gesellschaft (einfach so, wie jeder Künstler auf diesem Planeten), wie zum Teufel sollte ich dass jetzt positiv nutzen? Da half nur lautes Schreien und zwar so, wie es alle Künstler machen, all die Gedanken, Zweifel und Zorn durch das gewählte Medium ausdrücken und herausschreien. Und ich hatte mit der Kollodiumfotografie ein Medium an der Hand, welches sich wie kaum ein anderes dazu eignet, dunkle Stimmungen zu transportieren.


"Wanderer between worlds"
Kollodium-Nassplatte auf Klarglass, 18x24cm
Genau im richtigen Moment, als hätte sie meinen Hilferuf gespürt, kam mir ein schon fast aus den Augen verlorenes Lieblingsmodel zu Hilfe. Ein ganz besonderer Mensch, eine coole Socke, eine Frau die das nötige Vertrauen mitbringt und die nötige Stimmung und Verrücktheit auch selbst im Kopf trägt. Sie war mein perfektes Medium weil ich wusste, ich muss ihr meine Stimmung nicht aufdrücken. Sie verstand und spürte es selbst, auch wenn sie sich sicher in diesem Moment gar nicht bewusst darüber war, wie wichtig ihre Mitwirkung für mich war. Wir machten gleich nach dem Jahreswechsel zwei Kollodium-Fotoshootings, die mir dabei halfen, meiner Stimmung Ausdruck zu verleihen. Die resultierenden Bilder sind so geworden, wie ich sieh mir vorgestellt habe. Sie sind anders, sie sind dass, was momentan in meinem Kopf vor sich geht und sie sind ein Grund und Bestätigung für mich, warum ich mit der Kollodiumfotografie weitermache. Kollodium ist ein hervorragendes Medium zum visualisieren von Stimmungen und Emotionen. Sicher, es ist kein Alleinstellungsmerkmal von Kollodiumfotografien, in der Hand eines guten Künstlers können Emotionen auf vielfältige Weise visualisiert werden. Es ist aber mein gewähltes Medium. Es geht also weiter mit meiner Fotografie auf Glasplatten, nachdenklicher, dunkler und selektiver. Ich werde verstärkt nach Modellen Ausschau halten, die mit meiner Stimmung im Kopf konform gehen, nur dann ist auch zu erwarten, dass die Bilder es wert sind, in Kollodium festgehalten zu werden. Wer als Model diesen Weg mit mir gemeinsam gehen möchte, sollte sich melden.

Andreas Reh - Photography on Facebook

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